Concurrent training

Was versteht man unter „Concurrent training“ (CT) bzw. dem Interferenzphänomen?

Unter „concurrent training“ versteht man die gleichzeitige Durchführung von Krafttraining und Ausdauertraining in einer Trainingsperiode. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass eine Person innerhalb einer Trainingseinheit oder an einem Tag sowohl eine Laufeinheit als auch ein Krafttraining durchführen würde.

Das Ziel des Trainings ist es meist, sowohl die Kraft als auch die Ausdauer zu verbessern. Allerdings kann es dabei zu einem sogenannten „Interferenzeffekt“ kommen, bei dem die gleichzeitige Durchführung beider Trainingsformen die Anpassungen beeinträchtigt. Dies kann dazu führen, dass die Verbesserungen in der Kraft langsamer voranschreiten als bei einem reinen Krafttraining. Wie man dies verhindern kann bzw. wie sich die Kombination der beiden Trainingsinhalte auswirkt, soll in diesem Beitrag beschrieben werden.

Was sagt die Studienlage?

Bereits im Jahr 1980 wies Dr. Robert Hickson bei zuvor untrainierten Männern, die in einem 10-wöchigen Trainingsprogramm sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining absolvierten, eine verminderte Kraftentwicklung nach, als bei Personen die reines Krafttraining absolvierten. Seitdem wurden mehrere Studien durchgeführt, die dies teilweise bestätigten.

Bis zu einem gewissen Grad beeinflussen sich die Parameter Kraft und Ausdauer positiv. Ein gewisses Maß an Ausdauertraining kann sich demnach bei Personen, die kraftorientiert trainieren, positiv auswirken. Die Ausdauerleistung scheint hingegen von einem Krafttraining nicht negativ beeinträchtigt zu werden (sondern wenn dann nur positiv). Beide Komponenten gleichzeitig maximal zu verbessern ist jedoch aufgrund der konkurrierenden Reize und des erforderlichen Trainingsvolumens schwierig. Wo die genauen Grenzen sind bzw. ab wann Interferenzen eintreten, ist sehr verschieden und wahrscheinlich auch sehr individuell.

Vorneweg: Je fortgeschrittener eine Person ist, desto mehr sollte das sogenannte Interferenzphänomen in der Trainingsplanung berücksichtigt werden. Die Trainingserfahrung sollte also unbedingt berücksichtigt werden (siehe Grafik). Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich auch, dass eine Trainingsplanung nicht unnötig verkompliziert werden muss, wenn man eher Anfänger ist.

Auswirkungen auf die Kraft

Führt man zu einem intensiven Krafttraining noch hohe Umfänge und/oder Intensitäten an Ausdauertraining durch, kann dies die Kraftentwicklung negativ beeinflussen.

Mittlerweile gibt es einige Studien, die zeigen, dass Muskelhypertrophie, Kraft- und Leistungsadaptionen bei konkurrierenden Reizen im Vergleich zu denen nach isolierten Krafttrainingsreizen meist abgeschwächt waren. Die Betonung liegt auch hier auf „meist“, es sollte also nicht verallgemeinert werden, da es sehr abhängig vom individuellen Fall ist.

Es scheint, dass die Kraft bei hohen Geschwindigkeiten mehr betroffen ist als die Kraft bei niedrigen Geschwindigkeiten. Daher könnte man vermuten, dass Kraftverluste aus der Geschwindigkeit der Kraftentwicklung resultieren. Somit scheint die Explosivkraft ein wichtiger Aspekt zu sein, der bei CT berücksichtigt werden sollte. Auch die Hypertrophie wird durch sehr viel Ausdauertraining teilweise beeinträchtigt.

Auswirkungen auf die Ausdauerleistung

Der Einfluss von CT auf die Adaptionen beim Ausdauertraining scheint hingegen ausschließlich positiv beeinflusst zu werden. Bei Ausdauertraining wirkt es sich höchstwahrscheinlich nur bei sehr hohen Umfängen des Krafttrainings negativ aus. Da wären wir dann aber wieder beim Thema: Eventuell handelt es sich dann um Übertraining, was logischerweise zu Leistungseinbußen führt.

Aagaard und Andersen haben im Jahr 2010 bei Elite-Ausdauersportlern eindeutig nachgewiesen, dass Krafttraining zu einer verbesserten langfristigen (> 30 Minuten) und kurzfristigen (<15 Minuten) Ausdauerleistung führen kann. Sie kamen zu dem Schluss, dass Krafttraining die Ausdauerleistung durch eine Erhöhung des Anteils der Muskelfasern vom Typ 2A (schnellzuckende Muskelfasern) und eine Steigerung der maximalen Muskelkraft sowie der Rate der Kraftentwicklung verbessert. Ein weiterer Effekt ist die Verbesserungen der neuromuskulären Funktion.

Methode der Trainingsformen

Kadlec und Groeger beschreiben in ihrem Buch „Athletiktraining in der Sportphysiotherapie“, dass intensives Ausdauertraining in Kombination mit Hypertrophie Training (Muskelaufbautraining) zu einer akuten Interferenz führt. Gleichzeitig „vertragen“ sich niederintensives Ausdauertraining durch die vorwiegend kardiovaskulären Anpassungen und Maximalkrafttraining (durch die vorwiegend neuralen Anpassungen) besser. Sie beziehen sich dabei auf eine Studie vom Jahr 2011. Eine Kombination von Hypertrophie Training und Ausdauertraining mit sehr hohen Intensitäten weisen deswegen eine hohe Interferenz auf, weil es bei beiden Trainingsformen hauptsächlich zu peripheren Anpassungen kommt.

Einige Studien zeigen jedoch auch, dass lange, kontinuierliche Ausdauerformen hinderlich sein kann und HIT-Einheiten in Kombination mit Krafttraining zu weniger Beeinträchtigungen führt. Grund dafür ist unter anderem die Aktivierung von AMPK (ein Enzym, das „muskelabbauende“ Effekte hat) und die vorwiegende Belastung der slow-twitch Fasern.

Insgesamt ist das Gesamttrainingsvolumen jedoch wichtiger als die Methode, so können sich beide Varianten positiv, als auch bei zu viel Volumen negativ auswirken.

Es wird daher empfohlen, eine Ausdauertrainingsform zu wählen, die der spezifischen Sportart ähnlich ist, um konkurrierende Anpassungen zu vermeiden. Ein Beispiel: Ein Eishockeyspieler, der seine Beinkraft beim Trockentraining verbessern möchte, sollte das Laufen vermeiden und stattdessen eine Radfahrübung wählen, die den Anforderungen des Eislaufens näherkommt.

Key point: Eine sinnvolle Trainingsplanung mit Periodisierung ist demnach wichtig.

Reihenfolge und Zeitpunkt der Trainingseinheiten

Neben der Methode kann die Reihenfolge eine Rolle zu spielen. Viele Studien berichten, dass die Anpassungen an Muskelhypertrophie, Kraft und Leistung beeinträchtigt werden, wenn das Ausdauertraining vor dem Krafttraining durchgeführt wird. Es gibt natürlich auch Studien, bei denen dies nicht der Fall war. Eine zu starke Belastung durch Ausdauertraining vor einer Krafteinheit wirkt sich aber mit Sicherheit negativ aus, dies ist unter anderem auch auf die Ermüdung zurückzuführen.

In letzter Zeit hat eine wachsende Zahl von Studien deutliche Hinweise darauf geliefert, dass die Durchführung von getrennten Ausdauer- und Krafttrainingseinheiten zu höheren Anpassungen bei der Ausdauerleistung, Muskelhypertrophie, Kraft und Leistung führen kann.

In der Tat wurde zumindest bei SportlerInnen in mehreren Studien, Übersichten und Meta-Analysen festgestellt, dass zur Maximierung der Trainingsanpassungen jedes Trainingsschemas in einem CT die beiden Trainingseinheiten durch mehrere Stunden (idealerweise mind. 6 Stunden) getrennt werden sollten.

Wenn eine Steigerung der Ausdauerleistung erforderlich ist oder wenn die Anpassungen durch das Krafttraining von geringerer Bedeutung sind, sollte/kann die Ausdauereinheit vor dem Krafttraining durchgeführt werden. Das wichtigste Trainingsprogramm in jeder Periode sollte also bevorzugt werden.

Laufen vs Radfahren?

Weiters geht aus den Studien hervor, dass Radfahren eine weniger starke Interferenz bezüglich der Kraftreize der Beine auslöst als Laufen. Es gibt mindestens zwei mögliche Gründe, warum Läufer anfälliger für den Interferenzeffekt sind als Radfahrer. Der erste ist, dass das Radfahren biomechanisch ähnlicher ist als die meisten Kraftübungen, die in den untersuchten Studien durchgeführt wurden (mit freien Gewichten). Eine zweite Möglichkeit betrifft die Schädigung der Skelettmuskulatur. Laufen hat eine hohe exzentrische Komponente, während das Radfahren hauptsächlich aus konzentrischer Aktivität besteht. Diese Unterschiede in den Kontraktionsarten (exzentrisch vs. konzentrisch) können beim Laufen größere Schäden verursachen als beim Radfahren. Zum Beispiel verursacht Langstreckenlauf große Muskelschäden, wohingegen das Radfahren auf der Ultradistanz (230 km) dies nicht so sehr tut.

Körperteilspezifik

Außerdem wurde festgestellt, dass bei der Kraft des Oberkörpers keine Abnahmen zu verzeichnen waren. Diese Erkenntnisse zeigen, dass die Auswirkungen des Ausdauertrainings auf das Krafttraining in Bezug auf den Interferenzeffekt eher körperteilspezifisch und nicht global sind. Ein intensives Ausdauertraining mit Unterkörperfokus (z. B. hohes Volumen bei Laufeinheiten) hindert also vermehrt die Anpassungen des Unterkörpers.

Bislang haben nur eine Handvoll Studien ein gleichzeitiges Kraft- und Ausdauertraining verglichen, bei dem der Oberkörper während des Ausdauertrainings in nennenswertem Umfang beansprucht wurde. In zwei Studien fand man heraus, dass Ruderer, die zusätzlich zu ihrem normalen Trainingsplan ein Krafttraining hinzufügten, die Kraft des Oberkörperkraft in gleichem Maße steigerten wie eine Gruppe von Nicht-Ruderern, die nur das Krafttraining durchführten. Bei einer weiteren Oberkörper Ausdauertrainingsstudie fand man heraus, dass Armergometertraining zu einem Krafttraining die Armstreckkraft nicht beeinflusst (weder positiv noch negativ). Allerdings verglichen alle drei dieser Studien jeweils Kraft- und Vergleichsgruppen verglichen, die sich in ihrer Trainingserfahrung unterschieden, somit sind diese Studien nicht so aussagekräftig.

Was sind die (physiologischen) Mechanismen dahinter?

Die genauen Mechanismen sind wohl noch nicht vollständig geklärt. In diesem Absatz werden die relevantesten aktuellen Erkenntnisse zusammengefasst.

Es ist es möglich, dass eine akute Restmüdigkeit (von der vorangegangenen Trainingseinheit) und/oder eine chronische Müdigkeit (aufgrund der höheren Gesamtarbeitsbelastung) den Störeffekt hervorrufen.

Beim Ausdauer- bzw. Krafttraining werden spezifische Signalwege (damit sind die biochemischen Prozesse in der Muskulatur gemeint) aktiviert und es kommt je nach Trainingsart zu unterschiedlichen Anpassungen im Muskelgewebe. Diese Signalwege beinhalten oft komplexe Reaktionen von Enzymen, Proteinen und anderen Molekülen, die schließlich zu physiologischen Prozessen führen. Beispielsweise führt Ausdauertraining mit hohem Volumen und mittlerer Intensität in einem CT wahrscheinlich zu einer Hemmung der myofibrillären Proteinsynthese, die für das Krafttraining wichtig ist.

Weiters können die Muskelfasertypen eine Rolle spielen. Durch das Krafttraining können sich die Muskelfasern in Richtung schnelle Fasern mit höherer Kraftproduktion entwickeln, während das Ausdauertraining dazu führen kann, dass sich die Muskelfasern in Richtung langsame Fasern mit höherer Ausdauerleistung entwickeln (bei kontinuierlicher Methode).

Zusätzlich scheint das Ausmaß der Muskelschädigung eine Rolle zu spielen.

Wie kann ich meine Trainingsplanung hinsichtlich CT optimieren?

Für Anfänger: Man sollte sich nicht unnötig zu viele Gedanken über die genaue Planung machen. Wie bereits mehrmals erwähnt, ist das CT erst für weiter fortgeschrittene AthletInnen interessant, die bereits über viele Jahre trainieren.

Ein paar Tipps:

(1)

Trainingsbedingte Gesamtermüdung minimieren -> Fokus mehr auf eine Komponente oder beide Komponenten in moderatem Umfang. Kein hohes Volumen/Intensitäten von beiden (Kraft und Ausdauer). Demnach Starke Berücksichtigung der Häufigkeit der einzelnen Trainingsreize. Prioritäten setzen!

(2)

Wenn die Intensität beim Krafttraining enorm hoch ist, sollten zusätzlich hohe Intensitäten beim Ausdauertraining vermieden werden. In diesem Fall wäre ein niederintensives Ausdauertraining wohl die bessere Variante.

Ist genügend Abstand zum Training, können auch HIIT-Ausdauerübungen mit geringem Volumen und hoher Intensität (maximal und supramaximal) integriert werden, um die Aktivierung der AMPK (Enzym, das anabole, also muskelaufbauende Vorgänge verringert) niedrig zu halten. ABER nicht kurz vor einer Beintrainingseinheit.

Nachdem der CT-Effekt jedoch für erfahrene AthletInnen relevanter ist, sollte immer eine spezifische Ausdauerform, so wie es in der Sportart benötigt wird, genutzt werden.

(3)

Wenn möglich, Radfahren dem Laufen vorziehen (wenn der Fokus beim Krafttraining liegt und die Form des Ausdauertrainings nicht von großer Bedeutung ist)

(4)

Wichtigere Einheit zuerst. Wenn der Fokus beim Krafttraining liegt, dann das Krafttraining zuerst ausführen. Besteht das Ziel darin, die Ausdauerleistung zu maximieren, dann Ausdauer vor Kraft.

(5)

Wenn möglich und gut vereinbar, Trennung der Trainingseinheiten im Abstand von mindestens 6 Stunden.

(6)

Trainingserfahrung und -hintergrund sind von großer Bedeutung für den CTE, der bei erfahrenen Teilnehmern stärker ausgeprägt ist, während er bei Anfängern oder Freizeitsportlern geringer ist. Daher sollte dies bei erfahrenen Sportlern eher berücksichtigt werden, während bei Anfängern keine unnötigen Verkomplizierungen stattfinden sollten.

Zusammenfassung

Concurrent Training scheint also für erfahrenere Personen oder Personen deren Hauptziel Kraftaufbau ist, von größerer Bedeutung zu sein, als AthletInnen oder Personen deren Fokus auf Ausdauer liegt bzw. Unerfahrenen.

Es sollte immer eine spezifische Ausdauerform gewählt werden, wenn die Form egal ist, sollte Radfahren dem Laufen vorgezogen werden, zumindest wenn die Kraft im Fokus steht. Weiters sollte die wichtigere Trainingsform zuerst durchgeführt werden, im Zweifelsfall Krafttraining vor Ausdauertraining. Am besten wäre es jedoch die Einheiten ganz zu trennen, am besten an verschiedenen Tagen.

Außerdem sind die Interferenzeffekte primär körperteilspezifisch, denn es wurden Abnahmen bei Übungen für den Unterkörper, aber nicht für den Oberkörper, nach Ausdauertraining, das in erster Linie den unteren Körperbereich betrifft.

Quellen:

Aagaard, P., & Andersen, J. (2010). Effects of strength training on endurance capacity in top‐level endurance athletes. Scandinavian journal of medicine and science in sports, 20, 39-47.

Berryman, N., Mujika, I., Arvisais, D., Roubeix, M., Binet, C., & Bosquet, L. (2018). Strength Training for Middle- and Long-Distance Performance: A Meta-Analysis. International Journal of Sports Physiologie and  Performance, 13(1), 57-63. doi:10.1123/ijspp.2017-0032

Coffey, V. G., & Hawley, J. A. (2017). Concurrent exercise training: do opposites distract? The Journal of physiology, 595(9), 2883-2896.

Kadlec, D., & Groeger, D. (2020). Athletiktraining in der Sportphysiotherapie: Die besten Übungen für Kraft, Schnelligkeit und Stabilität: Georg Thieme Verlag.

Monserdà-Vilaró, A., Balsalobre-Fernández, C., Hoffman, J. R., Alix-Fages, C., & Jiménez, S. L. (2023). Effects of Concurrent Resistance and Endurance Training Using Continuous or Intermittent Protocols on Muscle Hypertrophy: Systematic Review With Meta-Analysis. 37(3), 688-709. doi:10.1519/jsc.0000000000004304

Wilson, J. M., Marin, P. J., Rhea, M. R., Wilson, S. M., Loenneke, J. P., & Anderson, J. C. (2012). Concurrent training: a meta-analysis examining interference of aerobic and resistance exercises. The Journal of Strength and Conditioning Research, 26(8), 2293-2307.

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Autor: Alexander Wassung 

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